Spektakuläre Befundung der meterhohen Wandmosaike und Altäre im Mariendom Linz
Im Kapellenkranz, dem ältesten Teil des Mariendoms, befinden sich sieben Kapellen mit kunstvoll gefertigten Altären und großen Mosaikgemälden. Erstmals werden nun die zum Teil mehr als 130 alten Kunstwerke in den kommenden Jahren einer Restaurierung unterzogen.
Die detaillierte Feststellung der Schäden an den Marmoraltären, den Altaraufbauten aus Kalk- und Sandstein und den bis zu 12 Meter hoch reichenden Wandmosaiken erfolgt durch Diplom-Restauratorin Susanne Beseler. Die Expertin für Stein- und Architekturoberflächen erstellt in einem ersten Schritt eine Bestandsaufname der verwendeten Materialien und hält fest, wie die jeweiligen Oberflächen bearbeitet wurden und ob farbliche Fassungen vorhanden sind. Im Zuge einer Zustandsanalyse definiert sie die vorhandenen Schäden und den Umfang der Verschmutzung. Dafür werden kleine Pilotflächen mit ersten Reinigungsversuchen angelegt. Aufgrund der Dimensionen muss Susanne Beseler dabei teilweise am Hubsteiger in bis zu 12 Meter Höhe arbeiten.
Auf Basis der Ergebnisse dieser umfangreichen Befundung wird in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt das detaillierte Restaurierziel und -konzept sowie in weiterer Folge ein Kostenplan festgelegt.
Die Diplom-Restauratorin zeigt sich insbesondere von der Ausgestaltung von Votivkapelle und Kapellenkranz als Gesamtkonzept beeindruckt. „Wenn man den Kapellenkranz betrachtet, dann wird schnell deutlich, dass es sich hier um ein wirkliches Gesamtkunstwerk handelt, welches ja in einem geschlossenen Zeitraum entstanden ist und auch von Grund auf so konzipiert war. Vor allem bei der Betrachtung der vielen Details erschließt sich, dass die unterschiedlichen Ausstattungselemente – ob Natursteinaltar, Glasmosaik oder auch Glasfenster – immer aufeinander Bezug nehmen, nicht nur inhaltlich-ikonographisch, sondern auch gestalterisch. So wiederholen sich beispielsweise die Architekturdetails der Altäre auch in den Glasfenstern und Mosaiken.“
Über 130 Jahre alte Kunstwerke im ältesten Teil des Mariendoms
Sechs kleinere Kapellen mit je einem Altar sowie die Votivkapelle mit einem Hauptaltar und zwei Seitenaltären bilden den ältesten Teil des Mariendoms. Sie wurden zwischen 1862 und 1874 errichtet. Die Votivkapelle wurde am 29. September 1869 von Bischof Rudigier eingeweiht. Anton Bruckner komponierte hierfür die berühmte e-Moll-Messe.
Die kleineren Kapellen sind nach den letzten Anrufungen der Lauretanischen Litanei – gerichtet an die Gottesmutter Maria – benannt: links Königin der Bekenner, Königin der Apostel, Königin der Patriarchen, rechts Königin der Propheten, Königin der Märtyrer, Königin der Jungfrauen. Jede Kapelle hat einen Altar mit Marmorunterbau, der Altaraufbau ist aus Kalk- oder Sandstein. Die Steinstatuen stammen (bis auf die Sattler Figuren in der Kapelle „Königin der Märtyrer“) von Josef Gasser von Valhorn aus Wien. Besonders eindrucksvoll sind die acht, bis zu zwölf Meter hoch reichenden Mosaikfenster im Kapellenkranz. Sie wurden von der Tiroler Glasmalerei Neuhauser & Co aus Innsbruck gestaltet.
Heute ist dieser Teil des Mariendoms auch wesentlich geprägt von den farbenprächtigen Gemäldefenstern, die vom Künstler Karl Martin Hartmann entworfen und 1995 als Denkmal des Dankes für 50 Jahre Frieden in Österreich eingesetzt wurden. Die ursprünglichen Gemäldefenster im Kapellenkranz waren im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.
Bischof Manfred Scheuer über die Bedeutung des Kapellenkranzes
„Jede Generation, jede Epoche schreibt ihre Erfahrungen – ihre Glaubens-, Lebens- und auch Konflikterfahrungen – in einen Dom ein. Ein Dom ist kein privates Gebäude – jeder Besucher, jeder Betende, jeder und jede Verantwortliche hinterlässt dabei Spuren, Spuren der Gestaltung. Das kommt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck, nämlich in der Form: wie hat man damals gelebt und geglaubt? Wer waren die „Lieblingsheiligen“, an wen sind die Gebete gerichtet gewesen, wie wichtig war Maria? Es war eben das Umfeld der Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis Marias 1854, eine ganz starke marianische Frömmigkeit, die damals eine Volksbewegung war.“ Vor diesem Hintergrund sei auch die Verortung der Gedenkstätte, die Franz Jägerstätter gewidmet ist, in der Kapelle „Königin der Märtyrer“ zu sehen. „Jede Generation schreibt sich mit ihren Anliegen, mit ihren Sehnsüchten, Leiderfahrungen, aber auch Hoffnungen in den Dom ein. Das zeigt auch der Katharinenbogen, gestaltet von der Tiroler Künstlerin Patricia Karg. Er ist ein Sinnbild für das Wirken der Heiligen Katharina von Siena, die seit 2014 Patronin der Katholischen Frauenbewegung Österreich ist“. Bischof Scheuer über die anstehenden Restaurierungsmaßnahmen im Kapellenkranz: „Wenn wir jetzt an die Restaurierung dieses Bereiches gehen, tun wir das nicht nur mit dem Hintergrund, die Kunstwerke optisch wieder schön zu machen. Wir tun dies vor allem auch auf dem Fundament der Menschen, die sich mit ihren Hoffnungen und Sehnsüchten hier eingebracht haben.“
Restaurierung von weiteren drei Gemäldefenstern
Auch die weiteren laufenden Renovierungsprojekte im Mariendom schreiten planmäßig voran. Im Vorjahr wurde im Zuge eines Zehn-Jahres-Programmes mit der Restaurierung von insgesamt 29 reparaturbedürftigen Gemäldefenstern begonnen. Im heurigen Jahr stehen folgende Kunstwerke im Hochchor am Programm:
- Anbetung der Weisen aus dem Morgenland (bereits fertig restauriert)
- Biblische Gestalten um Maria I
- Aufnahme Mariens in den Himmel
Das Fenster „Biblische Gestalten um Maria I“ wird in den kommenden Tagen ausgebaut und in der Glasmalerei Stift Schlierbach restauriert. Aufgrund der arbeits- und kostenintensiven Maßnahmen können pro Jahr maximal drei Gemäldefenster restauriert werden.
Im Außenbereich des Mariendoms wird von Frühling bis Herbst 2022 der Nordwest-Turmstrebepfeiler im Bereich der oberen Glockenstube restauriert. An diesem stark verwitterten Teil auf der achteckigen Turmbasis müssen Fugen und Steinoberfläche von Moos und Algen gereinigt und behandelt werden. Die teilweise brüchigen Tuffsteinbrüstungen in diesem Bereich werden ebenfalls durch neue Sandsteinbrüstungsteile ersetzt. Im heurigen Jahr wird der Nordwest-Strebepfeiler saniert, die drei weiteren Pfeiler folgen 2023.
Initiative Pro Mariendom: Benefizkonzert der Dommusik
In den Dienst der guten Sache stellen sich am Samstag, 25. Juni 2022, ab 20.00 Uhr das Orchester und die Solistinnen und Solisten der Dommusik, der Domchor sowie das Collegium Vocale Linz. Unter der Leitung von Domkapellmeister Josef Habringer wird die Messe Nr. 6 in Es-Dur von Franz Schubert präsentiert. Der Reinerlös des Konzertes kommt der Restaurierung und Erhaltung des Mariendoms zugute. Karten für das Konzert gibt es im DomCenter am Domplatz in Linz sowie online auf www.oeticket.com.
Rückfragen:
Martina Noll, Tel 0676.87768801, martina.noll@dioezese-linz.at
Presseunterlagen zum Download:
Fotos:
Foto 01: Diplom-Restauratorin Susanne Beseler bei der Analyse und Pilotreinigung der Wandmosaike © Diözese Linz, Kienberger
Fotos 02 und 03: Anhand von Reinigungsversuchen an kleinen Pilotflächen sieht man sehr deutlich den Grad der Verschmutzung © Diözese Linz, Kienberger sowie © Susanne Beseler
Fotos 04 und 05: Bischof Manfred Scheuer und Diplom-Restauratorin Susanne Beseler © Diözese Linz, Kienberger
Foto 06: Die Befundungsarbeiten müssen aufgrund der Dimensionen der Wandmosaike und Altäre mittels Hubsteiger durchgeführt werden ©Felbermayr/Weickinger