Ein Besuch in der Glasmalerei Stift Schlierbach
Ein Großteil der historisch wertvollen Gemäldefenster im Linzer Mariendom muss in den kommenden zehn Jahren einer umfangreichen Restaurierung unterzogen werden. Durchgeführt werden die Arbeiten von der Glasmalerei Stift Schlierbach. Welche Maßnahmen dabei notwendig sind und wie Schritt für Schritt vorgegangen wird, erklärt Geschäftsführer Robert Geyer Kubista im Gespräch.
Herr Geyer-Kubista, die Restaurierung beginnt eigentlich schon vor dem Ausbau der Fenster im Mariendom, stimmt das?
"Ja, genau so ist es. Vor dem Ausbau der historischen Verglasung werden exakte Schablonen von den einzelnen Fensteröffnungen abgenommen Danach wird bei uns in der Werkstätte eine Schutzverglasung aus Schlierbacher Restaurationsglas mit leicht welligem und strukturiertem Erscheinungsbild gefertigt. Erst dann werden die Fenster vorsichtig vor Ort ausgebaut, beschriftet und gut und sicher in Holzkisten verpackt nach Schlierbach transportiert.
In situ – damit meinen wir direkt vor Ort im Mariendom – werden in der Zwischenzeit die angerosteten Sturmstangen entrostet, grundiert und beschichtet."
Wenn das Fenster ausgebaut ist, verleibt aber doch ein riesiges Loch im Mauerwerk?
"Ja, genau deshalb wird auch sofort die neue Schutzverglasung eingebaut. Diese Schutzverglasung schützt die wertvolle Malerei zukünftig vor mechanischen Beschädigungen und Witterungseinflüssen. Eine Schwitzwasserrinne sorgt dafür, dass schädliches Kondensat nicht mehr an der hochwertigen, bemalten Innenoberfläche der historischen Scheiben, sondern an der Schutzverglasung auftritt und dort kontrolliert ablaufen kann."
Wie geht`s mit den Fensterfeldern in der Glasmalerei in Schlierbach weiter?
"Zuerst einmal werden die Fensterfelder vorsichtig gereinigt. Danach erfolgt eine ausführliche Untersuchung und Befundung und die festgestellen Schäden werden auf einer Fensterabbildung eingezeichnet, das nennt man Kartierung. Dies passiert in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, welches darauf aufbauend das Restaurierungsziel sowie die konkreten Maßnahmen festlegt.
Fragen, wie zum Beispiel mit der Versorgung von Splittersprüngen, einfachen Sprüngen oder auch mit Fehlstellen umgegangen werden soll, werden konkret besprochen und entschieden. Obertes Prämisse dabei ist es, möglichst viel Originalsubstanz zu erhalten und zu bewahren. Es wird darauf geachtet, dass keine Originalsubstanz verloren geht, sondern nur fehlende Splitter mit Malerei darf ergänzt und sozusagen diese Lücken gefüllt werden."
Wie schauen nun die konkreten Maßnahmen aus?
"Gebrochene Glasteile werden neu geklebt und Teile mit Splittersprüngen farblich neu gefasst. Fehlstellen müssen mit mundgeblasenen Echtantikgläsern in passender Farbe, Struktur und Herstellungsart ersetzt werden, diese haben wir in unserer Werkstätte auf Lager.
Der Fensterbestand weist zahlreiche Risse am Bleinetz auf, hervorgerufen durch Dehnung, Sonneneinstrahlung und Eigenlast. Das wirkt sich schwächend auf die Statik der einzelnen Scheiben aus. Sämtliche Bleirisse werden beidseitig neu verlötet und anschließend durch Patinieren der neuen Lötstellen wieder farbig angeglichen.
Eine für die Statik und zum Schutz der Verbleiung sehr wichtige Maßnahme ist das Verkitten sämtlicher Bleistege an der äußeren, nicht bemalten Seite. Die Verkittung härtet in den Fugen der Bleistege aus und sorgt so für eine hohe Festigkeit. Die historischen Windsprossen an der Innenseite der historischen Verglasung werden abgenommen, saniert und mit neuen Bleihaften wieder an der Innenseite angebracht und somit ebenfalls erhalten. Dann wird jedes Feld mit zarten U-Blechleisten umlaufend gefasst."
Alle Fotos: Mariendom/Franz Wurm
Und dann geht`s für die Gemäldefenster wieder "nach Hause" in den Mariendom?
"Ja, genau. Die historischen Fensterfelder werden behutsam und vorsichtig retour nach Linz transportiert und dort wieder eingebaut. Allerdings nicht an der alten Stelle, sondern an der Rauminnenseite mit einem Abstand von rund drei bis vier Zentimeter zur Schutzverglasung vorgesetzt."
Herr Geyer-Kubista, als Geschäftsführer der Glasmalerei haben Sie seit vielen Jahren tagtäglich mit Glas und Glasmalerei zu tun. Was beeindruckt Sie am Projekt der Linzer Domfenster?
„Als Glasmaler fasziniert mich die unglaublich hohe Qualität der feinen Schwarzlot- und Silbergelbmalerei der Domfenster. Beachtlich ist auch die Konsequenz, mit der der gesamte Fensterbestand in so hoher Qualität umgesetzt wurde. Man muss bedenken, dass es über die 50-jährige Entstehungszeit der Fenster eine unglaubliche Entwicklung von der Neugotik zur Moderne gab."
Nähere Infos zur Glasmalerei Stift Schlierbach finden Sie hier.